Dionaea muscipula - Venusfliegenfalle
Geschichtliches:
1759: A. Dobbs bezeichnet die Venusfliegenfalle als "catch
fly sensitive" - erkennt jedoch nicht, dass die Tiere als
Nahrung dienen.
1768: J. Ellis beschreibt die Venusfliegenfalle unter ihrem heutigen
Namen und erkennt dabei die besonderen Eigenschaften der Art.
1834: M. A. Curtis beschreibt detailliert den Fangmechanismus.
engl. Name: Venus Fly Trap bzw Venus Flytrap
Die wissenschaftl. Bezeichnung "Dionaea" kommt von "Dione".
Sie ist die Mutter der griechischen Liebesgöttin Aphrodite.
Grund für diese Namensgabe war ihre eigenwillige Schönheit.
Die Bezeichnung "muscipula" heißt übersetzt
"Mausefalle", denn hier liegt ein kleiner Schreibfehler
oder Übersetzungsfehler des Namensgebers vor: "Fliegenfalle"
heißt nämlich "muscicipula".
Heimat / Standort:
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USA Karte, Verbreitungsgebiet Dionaea muscipula |
Finden kann man die Pflanze im 100 km Umkreis von Wilmington, also
an der Atlantikküste im südlichen Teil von North Carolina
(und kleiner Teil des Nordostens von South Carolina), USA.
Sie wächst dort in sehr sandigen, schilfgrasbewachsenen Moorgebieten/Sumpfgebieten
mit feuchtwarmem Klima. Schnee und längere Fröste sind im Winter eine Seltenheit. Die Sommertemperaturen dort können nachmittags auf 30°C (und zeitweise) mehr klettern. Die Jahresniederschlagsmenge beträgt ca. 1280 mm. Der sandige Boden ist am Naturstandort leicht sauer (pH 4-5).
Dionaea muscipula ist nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen seit dem 1.
Juni 1992 durch den Anhang II streng geschützt. Seit dem
1. Juni 1997 auch im EC Reg. 338/97 zu finden. Es drohen hohe
Geldbußen (mehrere Tausend $). Dadurch wurde zumindest der
Rückgang der Pflanzen durch Sammler soweit gestoppt. Ein
bestehendes Problem ist jedoch die fortschreitende Zerstörung
der natürlichen Lebensräume.
Die Pflanze:
Dionaea muscipula ist eine rosettenbildende Pflanze mit ca. 15-30 cm Durchmesser (je nach Jahreszeit).
Im Allgemeinen wird die Falle bis ca. 3-3,5 cm groß. Das
absolute Maximum bei normalen Pflanzen ist im höheren Alter
und bei guten Bedingungen knapp 5 cm. Es gibt jedoch eine spezielle
Züchtung bei der die Fallen besonders groß werden.
Die Falle besteht aus 2 gezahnten Blatthälften (mit 15-20
"Zähnen").
Je nach Varietät und erhaltener Lichtmenge weisen diese eine
unterschiedliche Ausfärbung. So gibt es grünlichgelbe
Formen (Dionaea muscipula "yellow"), immer grün
bleibende Formen (Dionaea muscipula "hetradoxa") bis
dunkelrote Formen (D.m. "dark red" bzw. "red dragon").
Im Allgemeinen sind die Fallen grün und bekommen bei genügend
Sonne Innen eine rote Färbung. Ebenso gibt es Varietäten
verschiedener Zähne am Fallenrand. Die Varietät mit
besonders kurzen Zähnen ist die "dentata", mit
zusammengewachsenen Zähnen wird "sawtooth" genannt.
Am Blattrand, vor den "Zähnen" kommt eine schmale
Nektarzone um Insekten zu verführen. In der Falle befinden
sich meist 3 (z.T. 4) Fühlerborsten pro Blatthälfte,
die das schlagartige Zusammenklappen auslösen. Hierzu müssen
2 Fühlerborsten (oder eine Borste 2x) kurz nacheinander (innerhalb
von 20 s) berührt werden. Durch das Umbiegen der Fühlerborste
wird ein elektrisches Feld (Potentialänderung des Membranpotentials
von -160 mV auf -50 mV) "erzeugt". Es wird eine Verschiebung der Calciumkonzentration in den Zellen ausgelöst, die dann letztendlich das Zusammenklappen auslöst. Dabei wird die Blattform in ihrer Wölbung von konvex zu konkav verändert. Das Blatt klappt blitzschnell um, ähnlich einer weichen Kontaktlinse. (Nature issue 7024 vom 27. Jan. 2005, Volume 433, S. 421, ´How the Venus flytrap snaps´). Das Zusammenklappen erfolgt
dann in einer 1/20 Sekunde (bei Idealbedingungen), kann aber auch
wesentlich länger dauern (ungünstige Witterungsbedingungen
oder falsche Kulturbedingungen). Ist eine Beute gefangen sprechen
Eiweißrezeptoren (über chem. Reizung --> Chemonastie)
an, die die Produktion der Verdauungssekrete (eiweißabbauende
Enzyme --> Proteasen) auslösen. Die Blatthälften
werden weiter zusammengepresst ("weichschalige" Insekten
können sogar zerdrückt werden). Es werden nun verwertbare
Bestandteile aufgelöst und über die in der Falle befindlichen
Drüsen aufgenommen. Nach Verdauung öffnet sich das Blatt
wieder - übrig ist der leere Chitinpanzer des Insekts. Die
Verdauung dauert je nach Beutegröße zwischen ein paar
Stunden bis zu 2 Wochen (im Allgemeinen 3 - 5 Tage). Da die Bewegung
und das Verdauen das Blatt "stressen" ist dieser Vorgang
nicht beliebig wiederholbar. Nach insgesamt 7 (-10) Bewegungen
oder (2-)3 Mahlzeiten stirbt das Blatt ab.
Ist die Beute zu klein kann sie zwischen den "Zähnen"
des Blattrandes durchkriechen - es erfolgt bei geschlossener Falle
keine Weiterreizung: Die Falle öffnet sich wieder (innerhalb
von ca. 24 h). Ist die Beute zu Groß (etwa 3/4 der Blattgröße
oder größer) führt dies zum Absterben des ganzen
Blattes (Schimmelbildung).
Das gesamte Blatt besitzt je nach Jahreszeit eine unterschiedliche
Form.: Ende Frühjahr/Anfang Sommer bildet die Pflanze dünne,
langstielige Blätter die meist senkrecht in die Höhe
stehen. Sie sind mit Falle bis zu 18 (-20 cm)cm lang. Es gibt
einige Kulturpflanzen, die diese Sommerblätter nicht ausbilden
(trotz genügend Sonne,...). Zur restlichen Zeit sind die
Blätter (mit Falle) ca. 10-11cm groß. Der untere Teil
(ohne Falle) ist 2 - 3 cm breit und besitzt eine Herzform.
Die Venusfliegenfalle blüht im Allgemeinen im Mai-Juli. Die
Blütenstiele sind ca. 30 cm (13 bis 40 cm) hoch. Selten sind
pro Blütenstängel mehr als 2 Blüten (von den 3-10
Blüten) gleichzeitig geöffnet. Die Blüte selbst
(2,5 - 3 cm groß) ist weiß und besitzt 5 Blüten-Blätter.
Um Samen zu gewinnen werden 2 genetisch unterschiedliche Pflanzen
benötigt. Es scheint jedoch einige Klone zu geben, die selbstfertil
sind (d.h. man kann die Pflanze mit sich selbst bestäuben).
Die Samenkapseln enthalten viele 1 mm große, schwarze Samen. Die Samen sind nach ca.
6 Wochen reif und werden vor der Aussaat (in der Kultur) für
knapp 2 Monate im Kühlschrank (in feuchten Tüchern eingepackt)
aufbewahrt. Die Samen der Venusfliegenfalle sind Lichtkeimer,
das heißt sie werden nur auf die Erde aufgestreut und nicht
bedeckt. Nach der Aussaat werden viel Licht, eine hohe Luftfeuchtigkeit
und eine Temp. von ca. 25°C benötigt. Nach 3-4(5) Wochen
bilden sich kleine Pflänzchen. Dauer bis die Pflanze "erwachsen"
ist: 4 (z.T. 5) Jahre.
Hinweis: Die Blüte schwächt die Pflanze sehr (es werden
z.B. kleinere Fallen gebildet). Sie wird daher von Züchtern
im Allgemeinen unten (direkt wo sie "herauskommt") abgeschnitten,
da eine Vermehrung über Blattstecklinge einfacher und schneller
ist.
Die Venusfliegenfalle bildet ein sogen. Rhizom (= Wurzelstock).
Dieser ist 10 bis 15 cm tief und ermöglicht der Pflanze auch
das Überleben bei leicht frostigen Wintern.
Kultivare/Formen:
Dionaea muscipula ´Holland red´: Die wohl erste Kulturform in komplettem Rot. Mitte der 70er in Holland gezüchtet. Normale Wuchsform, das rot erscheint nur bei genügend Licht.
Dionaea muscipula ´Royal red´: Seit 1994 durch Exotica Plants, Australien gezüchtet und vertrieben. Die Fallen werden Größer als bei der ´Holland red´, dafür ist das rot heller und kräftiger.
Dionaea muscipula ´Red burgundy´: Tief Dunkelrot werdende Pflanze mit sehr großen Fallen und langen Blättern. Schneller Wuchs. Die Pflanze ist immer rot gefärbt.
Dionaea muscipula ´Akai Ryu´ / ´Red Dragon´. Ist ein Nachkomme der ´Holland Red´. Sie hat nur eine liegende Sommerrosette, dafür aber größere Fallen als ihr Vorfahre. Eine Vermehrung über Samen ist nicht möglich, nur über Teilung bzw. Blattstecklinge.
Dionaea muscipula ´All green´ / ´heterodoxa´: Diese Form bleibt komplett grün.
Dionaea muscipula ´Viridis´: Diese Form bleibt ebenfalls komplett grün, jedoch ist das Grün sehr hell.
Dionaea muscipula ´Yellow´: Es handelt sich um eine komplett grünlichgelbe Form.
Dionaea muscipula ´Dentate´ / ´Dentate Traps´ und ´Sawtooth´: Sehr viele kurze, dicht gesetzte Borsten bilden einen fransigen Rand. Die Funktion die Beute hinter einem ´Gitter´ aus Borsten festzuhalten ist nicht mehr vorhanden. Die ´Dentate´ ist eine reine Kulturversion von D'Amato, ebenso die ´Sawtooth´ von B.Meyers-Rice, während die ´Dentate Traps´ angeblich von einer Pflanze aus der Natur stammt. Wie groß die Unterschiede zwischen diesen drei Formen sind kann ich im Moment leider nicht sagen.
Dionaea muscipula ´Sharkteeth´: bei dieser Form sind die Borsten teilweise zusammengewachsen und erinnern so an Haifischzähne.
Dionaea muscipula ´Fused Tooth´: Hier sind die Borsten sind so extrem nach innen gestellt und verwachsen, dass die Falle sich nicht mehr schließen kann.
Dionaea muscipula ´Cupped Trap´: Dies Kulturform ist relativ neu. Hier ist die Falle an der Außenseite verwachsen und bildet so ein Dreieckstrichter.
Dionaea muscipula ´Gigant´: Hier können die Fallen ein Größe von über 5 cm erreichen.
Kultur:
Die Pflanze kann auch oft ganzjährig im Freien (Moorbeet)
gehalten werden.
Dionaea mag viel direktes Sonnenlicht (Südfenster oder Freilufthaltung)
- sonst keine Rotfärbung der Falleninnenseite - im Extremfall
werden nur kleine Fallen gebildet. Im Sommer min. 14 h Licht.
Bei einigen Pflanzen ("Hauszüchtungen") kann zuviel
Hochsommer-Mittagssonne zu Verbrennungen führen, während
normal robuste Pflanzen keine Probleme haben. Generell wichtig:
Werden Zimmerpflanzen im Sommer nach draußen gestellt muss
unbedingt eine Gewöhnungsphase beachtet werden, da sonst
die Pflanzen verbrennen. Im Winter ist ebenfalls sehr viel Licht
erwünscht.
Temperatur: Im Sommer um 23-27°C kann man als "perfekt"
bezeichnen - der optimale Bereich liegt bei 20-32°C. Höhere
Temperaturen (Mittagshitze) können vertragen werden, jedoch
werden besonders bei Pflanzen in Glasschalen/Glaskugeln gerne
auch zu hohe Temperaturen erreicht. Kühlere Nächte mit
12-15°C werden von draußen wachsenden Pflanzen problemlos
vertragen. Im Winter ist die Pflanze (trotz Zimmerkultur) kühler
(um 5-10°C) zu halten. Ein durchkultivieren bei ca. 20
°C soll ebenfalls möglich sein. Die Pflanzen sind jedoch
dann nicht so widerstandfähig und gehen gerne ein. Bei Sämlingen
ist eine Durchkultivierung der ersten beiden Jahre empfehlenswert.
Die in der Natur vorkommende Pflanze ist nur "leicht"
winterhart - in der Heimat gibt es nur recht milde Winter. Etwas
anders sieht's schon mit den hier erhältlichen Kulturformen
aus: Sie übersteht daher auch einen leicht frostigen Winter
(sie stirbt dann oberirdisch vollkommen ab, unterirdisch bleibt
ein zwiebelähnliches, knolliges Gebilde). Daher können
viele Pflanzen von einheimischen Züchtungen im Freien gehalten
werden. Härtere Fröste von -10°C - kurzzeitig auch
-15°C (robuste Pflanzen - also spezielle "Winterzüchtungen"
auch -15°C bzw. kurzzeitig -20°C) werden von älteren,
gesunden Pflanzen oft gut überstanden. Regionen mit langen,
harten Wintern (lange Frostperioden --> durchfrieren des Bodens)
sind nicht geeignet. Bis -10°C ist man jedoch auf der sicheren
Seite. Für "Zimmerüberwinterung" bei +5 bis
+10°C
Eine hohe Luftfeuchtigkeit während der Wachstumsphase ist
wichtig (bei Zimmerhaltung: z.B. offenes Terrarium oder eine Glasschale;
nie die "offene" Pflanze im Blumentopf der trockenen
Heizungsluft aussetzen) - ca. 55 - 65 % sind ideal; 50 - 75 %
gut; 45 - 50 % bzw. 75 - 85 % sind noch OK; Luftfeuchten darunter/darüber
sollte man meiden. Im Winter etwas weniger Luftfeuchtigkeit wegen
Schimmelgefahr.
Giessen: Anstauverfahren im Sommer (immer 1 cm Wasser im Untersetzer);
im Winter die Erde ganz leicht feucht halten - nie austrocknen
lassen. Natürlich nur mit kalkfreiem Regenwasser, entmineralisiertem
Wasser oder destilliertem Wasser.
Als Substrat reiner, ungedüngter Hochmoortorf (Weißtorf)
oder - noch besser - ungedüngter Weißtorf mit Sand
(3:2) (alternativ zum Sand auch Perlite) gemischt. Handelsübliche
Karnivorenerde funktioniert auch sehr gut, kann aber unter Umständen
zu Problemen führen. (In der Natur ist der Boden sehr nährstoffarm,
daher ist handelsübliche, gedüngte Blumenerde absolut
ungeeignet.).
Die Pflanze nie düngen (auch wenn gerne was anderes auf den
Schildchen im Baumarkt steht), auch ein füttern ist nicht
notwendig (die Pflanze kommt auch ohne diese Zusatznahrung aus).
Wer die Pflanze Füttern will muss Lebendnahrung verwenden,
da auch bei geschlossener Falle die Fühlerborsten ein Weilchen
weiter gereizt werden müssen, bevor die Pflanze das Blatt
komplett schließt.
Absterbende Blätter am besten ganz vertrocknen lassen, dann
abzupfen/abschneiden (wenn nötig zwecks Schimmelvorbeugung).
Blattstecklinge:
Diese Vermehrungsmethode am besten zwischen Frühjahr bis
Anfang Sommer verwenden: An der Blattbasis (möglicht weit
unten - mit etwas vom Rhizom) kräftige Blätter (jung
- mittleres "Alter") vorsichtig abbrechen und etwa bis
zur Hälfte schräg in ein Sand-Torf-Gemisch (1:1 bis
1:2) oder Sphagum stecken. Hohe Luftfeuchtigkeit, viel Licht und
eine Temperatur um 20°C sind wichtig. Nach ca. 5-6 Wochen
bilden sich winzige Pflänzchen. Wenn sich mehrere Blätter
richtig gebildet haben können die Jungpflanzen umgesetzt
werden. Erfolgsquote: ca.20 - 50 %
Krankheiten:
Blattläuse: verträgliche Insektizide (wie z.B. Neudorff
Spruzid). Bei Zimmerpflanzen auch "Pflanzenschutzstäbchen"
(z.B. von Paral) ---> zu beachten: Manche Pflanzenschutzstäbchen
enthalten Dünger!! Beste Lösung bei "kleinerem
Problem" mit Topfpflanzen: ganz ohne Chemie - die Pflanze
für einige Zeit (1/2 bis 1h) in Wasser untertauchen (um die
Blattläuse zu ersticken).
(Schimmel-)Pilze: meist nur bei Pflanzen in Zimmerhaltung (hohe
Luftfeuchte + schlechter Luftaustausch) zu finden. Gegenmaßnahmen:
Pflanze an einen geeigneten Ort stellen. Bei Übergriff auf
die Pflanze: befallene Stellen entfernen und - falls notwendig
- ein Fungizid einsetzen.
Quellen:
Adrian Slack (1985/2000), Karnivoren/Carnivorous Plants
Peter D'Amato (1998), The savage garden
Barthlott/Porembski/Seine/Theisen: Karnivoren - Biologie und Kultur, Ulmer Verlag, 2004
Taublatt 51 (1/2005), G.F.P. - Vereinszeitung
Letzte Änderung: 2007-08-18 17:34:56