Geschichte:
Die wahrscheinlich bekannteste und eine der größten Kannenpflanzen 1851 von Hugh Low während seiner ersten Besteigung des Kinabalu entdeckt und 1859 von J. D. Hooker ( = Joseph Dalton Hooker; 1817-1911; bedeutender englischer Botaniker) beschrieben. Schon 1878 sammelte F. W. Burbidge erstmals lebende Exemplare für die britische Firma Veitch Nurseries. Ab 1881 wurde Nepenthes rajah interessierten Gärtnern angeboten und 1882 erstmals auf der Jahresausstellung der Royal Horticultural Society öffentlich präsentiert. Da die Kulturbedingungen zu anspruchsvoll waren, verlor die Pflanze schnell das Interesse der Sammler, so dass die Firma Veitch Nurseries die Pflanze wieder aus dem Programm nahm. Erst knapp 100 Jahre später rückte die Pflanze wieder in das Interesse von Sammlern, zuerst mit negativen Folgen auf den Naturbestand.
Zur Namensgebung: Der Name ´rajah´ stammt aus dem malayischen und bedeutet ´König´.
Heimat/Standort:
Heimat ist Borneo, genauer gesagt die Lichtungen der Urwaldgebiete des Mount Kinabalu (und vereinzelt Mt. Tambuyukon) in der Höhenlage von 1500-2650m im Nordwesten des Landes. Damit zählt Nepenthes rajah zu den Hochlandnepenthes, oft zusätzlich eingeordnet zu den Ultrahochland-Arten. Tagsüber wird es nicht richtig heiß (25-30°C); und Nachts kühlt es stark ab (auf gerade mal knapp die Hälfte und weniger). Aufgrund des Abkühlens steigt die Luftfeuchtigkeit enorm an (Tagsüber 65-75%, Nachts über 95%). Es bilden sich dicke Nebelschwaden, daher wird diese Regenwaldregion auch als Nebelwald bezeichnet. Der jährliche Niederschlag liegt um 3000 mm. Der Boden ist reich an Magnesium - daher ist er alkalisch - und besteht aus recht grobem Material (Serpentin-Gesteinsbrocken). Des weiteren finden sich Nickel und Chrom im Boden, die für viele andere Pflanzen giftig sind. Das Licht ist aufgrund der Höhenlage reich an UV-Strahlen und erreicht aufgrund der geographischen Lage Borneos jeden Tag 12 Stunden lang die Pflanze. Wobei die Pflanze anscheinend nur an Standorten wächst, an denen kein direktes Sonnenlicht ankommt. Es gibt also keinen Sommer-Winter-Unterschied.
Diese Art ist in der Natur akut vom Aussterben bedroht und wird daher von der IUCN auf der Roten Liste als bedrohte Art gelistet. Die Pflanze ist seit 1981 auch in Anhang I des Washingtoner Artenschutzgesetzes gelistet. Selbst Mitte der 80er Jahre sind Naturstandorte durch Pflanzenhändler geplündert worden und haben die Pflanze noch seltener gemacht. Inzwischen erholen sich die Naturbestände gut, so dass die Pflanzen am Naturstandort eine gute Chance haben.
Die Pflanze:
Bekannt & berüchtigt geworden ist die Pflanze durch das Auffinden von toten Ratten oder kleinen Vögeln (bzw. deren Reste) in den Kannen. Nepenthes rajah galt lange Zeit als einzige Kannenpflanze bei der Säugetiere als Beute gefunden wurden. Wobei dieses nur gelegentlich passiert und die Tiere wohl auch geschwächt waren. Die eigentliche Beute besteht aus Insekten.
Es handelt sich um eine sehr langsam wachsende Pflanze, die fähig ist wie eine Ranke zu klettern. Bis zur ersten Blüte vergehen mindestens 10 Jahre und bis die Pflanze ihre volle Größe erreicht hat 100 Jahre. Wobei die Pflanze nicht einmal sehr hoch wird (meist 2-3 m; maximal 6 m laut Literatur).
Der Internodenabstand beträgt bis zu 20 cm bei ausgewachsenen Pflanzen. Am Knoten wird dann ein bis 15 cm langer, längsgerillter Blattstiel gebildet. Die Pflanze besitzt ca. 50-80 cm lange und bis 15 cm breite "Blätter" (eigentlich nur ein umgebildeter Blattgrund), an denen bis 35 (max. 40) cm hohe und 18-20 cm im Durchmesser große Kannen sitzen. Die Kannen von Nepenthes rajah sind volumenmäßig wohl eine der größten Kannen überhaupt: 2-3 L Verdauungssäfte bei über 4 L Gesamtfassungsinhalt können schon vorkommen. Wie bei vielen Arten finden sich auch bei Nepenthes rajah Larven von Mücken, die in der Kannenflüssigkeit leben können: Culex jenseni, Culex rajah, Toxorhynchites rajah und Uranotaenia moultoni sind bisher gefunden worden. Außen haben sie eine rostrote Färbung, innen variiert die Farbe zwischen hellgrün bis rot. Die Flügelleisten werden bis 25 mm groß. Ca. 300 bis 800 Verdauungsdrüsen pro 1 cm2 bietet die Kanne von N. rajah. Das Peristom der Kannen ist im Verhältnis sehr groß (bis 4 cm breit) und gewellt. Die querstehenden Rippen des Peristoms stehen im Abstand von 0,5 bis 2 mm und bilden ins Kanneninnere ´Zähne´ / ´Dornen´ mit bis zu 5 mm Länge. Der typische Deckel ist überdimensional groß und oval geformt. Er besitzt eine tiefe Mittelrippe und wird bis zu 20 cm lang und 13 cm breit. Obere Kannen (etwas kleiner und länglicher, eher trichterförmig) werden sehr selten gebildet. Eine weitere Besonderheit sind die Rankenansätze, die ca. 2-4 cm vor dem Blattende am Blattgrund nach unten herauswachsen. Dies kommt nur bei sehr wenigen der Kannenpflanzen vor. Die Ranke kann bis 50 cm lang sein. Auf der Blattunterseite befinden sich Nektardrüsen die Nektartröpfchen absondern. Die Stämme (Sprossachsen) der Pflanze haben einen Durchmesser von 15-25 (-30) mm. Wie alle Kannenpflanzen ist auch N. rajah zweihäusig (d.h. es gibt männliche und weibliche Pflanzen). Die Blütenstiele werden 80 cm bis 120 cm hoch und bis 10 mm dick. Eine spezielle Blütezeit scheint es nicht zu geben. Die Blütentrauben erreichen eine Länge bis zu 40 cm und tragen süßlich riechende Blüten mit grün-weißer Innenfarbe und brauner Außenfarbe. Die Pollen können kilometerweit durch die Luft getragen werden. Die bei erfolgreicher Bestäubung gebildeten gelbbraunen, behaarten und 1-2 cm langen Kapselfrüchte tragen fadenförmige Samen mit 3-8 mm Länge. Nepenthes rajah bildet keine Ausläufer wie andere Nepenthes-Arten. Bei älteren Pflanzen kommt jedoch die Bildung von Sprösslingen vor.
Varietäten sind bisher nicht bekannt.
Am Naturstandort sind Hybriden mit N. burbidgeae, N. edwardsiana, N. fusca, N. macrovulgaris, N. stenophylla, N. tentaculata und N. villosa zu finden. Die Hybriden mit N. burbidgeae und mit N. villosa sind fruchtbar, während die anderen Hybriden steril sind.
Kultur:
Sie gehört (wohl aufgrund der riesigen Kannen) zu den am meisten gewünschten Pflanzen von Nepenthes-Sammlern. Bis vor ein paar Jahren war die Pflanze kaum herzubekommen. Inzwischen ist es durch die invitro-Vermehrung etwas einfacher geworden an kleinere Pflänzchen ranzukommen. Zu beachten: Nepenthes rajah ist nicht ganz einfach in der Kultur. Sie ist also weder Anfängerpflanze noch eine Pflanze für den fortgeschrittenen Fleischi-Liebhaber. Nur Kenner der ´Hochland-Szene´ sollten sich an die N. rajah ranwagen. Auch erfordert die Kultur viel Geduld und Liebe: Vom kleinen Pflänzchen bis zu einer Pflanze von etwa 30 cm Durchmesser vergehen Jahre, den die Pflanze wächst sehr langsam. Bis die Pflanze erwachsen ist und das erste mal blüht ist es schon ein Jahrzehnt. Die Pflanze überlebt bei guter Kultur ihren Besitzer. Nun aber zu den Kulturtipps: Jede Art von Boden-Düngung sollte man unterlassen. Das Substrat selbst muss sehr luftig und locker sein. Viele verwenden lebendes Sphagnum Moos (ohne oder mit etwas Quarzsand-Zusatz), welches immer feucht (nie stehendes Wasser oder trocken) gehalten wird. Ich probiere die Methode reines Sphagnum mit etwas Quarzsand. Größere Pflanzen werden z.t. in sehr grobe Orchideenerde oder Torf-Perlite-Rinden-Mischungen gepflanzt. Auch Tonkügelchen und Kork finden sich in einigen Mischungen. Sehr wichtig ist der luftige Charakter, da die Pflanze sonst unweigerlich abstirbt. Nepenthes rajah bildet ein recht großes Wurzelwerk, daher sollten die Töpfe ne Nummer größer sein. Dieses breitet sich stark in der Breite aus, daher sind eher tiefe, breite Schalen geeignet. Da es sich um eine Hochlandpflanze handelt empfehlen sich Tagestemperaturen von 25°C und eine gute Abkühlung in der Nacht (auf ca. 10-15°C). Temperaturen über 30°C sind zu meiden. Diese starke Tag-Nacht-Temperaturschwankung ist eine Grundlage der Kultur die man einhalten können muss, da ein Nichteinhalten von der Pflanze recht schnell übel genommen wird. Eine hohe Luftfeuchtigkeit (60-70%, nachts höher als 90%) ist selbstverständlich, wobei sie Nachts schon Richtung 100% gehen und die Feuchtigkeit auf den Blättern kondensieren darf. Viel Licht ist ebenfalls ein muss. Eine Zusatzbeleuchtung wird in den meisten Fällen erforderlich sein - wobei starke Beleuchtung auch schon wieder zuviel ist. Direktes Sonnenlicht im Sommer sollte man meiden. Werden die Blätter rot ist schon zuviel Sonne / Licht vorhanden. Ein leichtes rötlich werden, auch auf der Unterseite, ist normal. Profis die die Pflanze seit längerer Zeit kultivieren haben oft eine 1000 Watt NaHDL Lampe in 1,5-2 m Entfernung aufgestellt. Die tägliche Beleuchtungsdauer bzw. Photoperiode der Pflanze soll etwa 13 Stunden dauern.
Quellen:
M. Cheek, M. Jebb: Nepenthaceae. Flora Malesiana. Bd 15, 2001
C. Clarke: Nepenthes of Borneo, 1997
B. H. Danser: The Nepenthaceae of the Netherlands Indies, 1928
S. Kurata: Nepenthes of Mount Kinabalu, 1976
A. Lamb/A. Phillipps: Pitcher-Plants of Borneo, 1996
Letzte Änderung: 2006-12-27 15:15:46