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Gattung: Pinguicula Linnaeus, {1753}

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Systematik

Beschreibung

Geschichte:
Zum ersten Mal erwähnt wurde das Fettkraut im Jahre 1479 als "Smalz chrawt" oder "Zitroch chrawt" durch Vitus Auslasser in seiner Handschrift „Macer de herbarium“. Die Zeichnung lässt auf P. vulgaris als Vorlage schließen. Erstmals wurde der Name Pinguicula im Jahre 1555 durch Conrad Gesner verwendet, als er eine Pflanze am Gipfel des Pilatus, in der Nähe von Luzern, beschrieb. Im inzwischen verwendeten Namen "Fettkraut" (aber auch in der botanischen Bezeichnung Pinguicula - von "pinguis" = "Fett") spiegelt sich dieser Ursprungsname wider. Der Name "Zittrochkraut" ist auch heute noch in Tirol für die Fettkräuter gebräuchlich. Die erste offiziell beschriebenen Pflanzen waren Pinguicula alpina, P. lusitanica, P. villosa und P. vulgaris, welche 1753 durch Carl von Linné (= Linneaus) beschrieben wurden – in diesem Zusammenhang fand auch die Erstbeschreibung dieser Gattung statt. 1844 listete De Candolle 32 verschiedene Arten und begann mit der Unterteilung in 3 Sektionen mit Augenmerk auf dien Blütenaufbau. Erst als W. Marshall 1873 den berühmten Charles Darwin auf die kleben bleibenden Insekten auf den Blättern aufmerksam machte untersuchte dieser die Pflanzen genauer und stellte die Karnivorie fest. Siegfried Jost Casper unterschied in seiner bekannten Monografie der Gattung von 1966 bereits 46 Arten. Inzwischen sind etwa 85 Arten dieser Gattung bekannt und immer wieder werden – vor allem in Mexiko - Neue entdeckt.

Systematik:
Botanisch gesehen gehören die Fettkräuter zusammen mit Genlisea und Utricularia zur Familie der Wasserschlauchgewächse (lat. Lentibulariaceae).

Heimat / Standort:
Verbreitungsgebiet
Verbreitungsgebiet
Das Fettkraut ist über die ganze Nordhalbkugel der Erde verteilt. Ebenso sind die Pflanzen in Südamerika zu finden. In Afrika ist die Verbreitung allerdings auf den äußersten Nordwesten beschränkt. Einzige "weiße Flecken" sind Australien und Neuseeland. Das Ursprungsgebiet von Pinguicula ist wahrscheinlich das tropische Mittelamerika. Danach erfolgte die Entwicklung der heterophyllen Formen und schließlich die Eroberung Europas über Asien. Was das Fettkraut von den meisten anderen fleischfressenden Pflanzen unterscheidet, ist dass es Arten gibt die alkalische Böden sogar lieben. Daher sind einige interessante Arten zu finden, die auf nackten Felsböden und Kalksteinböden wachsen. Einige Arten haben sich auch zu Epiphyten gewandelt. Die Böden von Pinguicula sind im Gegensatz zu den anderen Karnivoren nie extrem arm an Mineralien. Grundsätzlich sind alle Böden locker und porenreich. Pflanzen die auf Felsen wachsen, sind nur an Stellen zu finden die Verwitterungsspuren tragen und eine Schicht Sand, Geröll, Kies oder Algen bzw. Moose haben. Die Gattung ist oft relativ temperaturunempfindlich, so dass auch in großen Höhen über 4000 m und auf Grönland einige Arten gefunden werden können. Viele Arten sind auf ein kleineres Verbreitungsgebiet beschränkt. Im deutschsprachigem Raum sind 4 Arten heimisch.

Die Pflanzen:
Bis auf drei Arten (P. pumila, P. sharpii und P. takakii) sind alle Pflanzen mehrjährig.
Grob kann das Fettkraut in 2 Hauptgruppen mit je 2 Untergruppen eingeteilt werden: Die 2 Hauptgruppen sind: tropische Arten, die keine Kälteperioden kennen und die temperierten Arten unserer gemäßigten Zonen, die Winterknospen (= Hibernakel) bilden.

Die tropischen Arten werden wie folgt aufgeteilt:
- tropische Arten mit einer Ruhephase während einer "Trockenzeit" (tropisch heterophyller Wuchstyp) - z.B. P. acuminata, P. caudata, P. cyclosetcta, P. gypsicola oder P. moranensis.Sie bilden eine vegetative Rosette mit kleineren, anders geformten Blättern aus.
- tropische Arten ganz ohne Ruhephase (tropisch homophyller Wuchstyp) - z.B. P. emarginata, P. filifolia oder P. pumila. Es gibt nur eine Blattform.

Ebenso kann man bei den temperierten Arten verfahren:
- temperiert homophylle Arten mit einer Form von karnivoren Blättern - z.B. P. lutea oder P. lusitanica
- temperiert heterophylle Arten mit unterschiedlichen Formen karnivorer Blätter (z.B. Frühjahresblätter und Sommerblätter) - z.B. P. alpina, P. grandifolora oder P. vulgaris.

Anmerkung: heterophylle Pflanzen bilden unterschiedliche Blätter (z.B. Sommer- / Winterblätter)

Der Pflanzenaufbau:
Außer P. crenatiloba, P. sharpii, P. takakii und P. pumila sind alle Arten mehrjährige Pflanzen. Die Pflanzen der Gattung Pinguicula wachsen terrestrisch oder epiphytisch und bilden eine hellgrüne bis dunkelgrüne Blattrosette aus. Bei viel Licht (z.B. im Sommer) erhalten einige Arten rote Blättränder - andere Arten färben ihre Blätter komplett rot aus. Die Größe der Pflanzen bewegt sich zwischen paar Zentimetern und bis über 30 cm (P. gigantea). Die Blattepidermis führt nur in den Zellen in der Nähe der Mittelrippe Chlorophyll. Das Fangblatt besitzt besitzt eine schwach ausgebildete Cuticula (Zellwand mit wachsartiger Struktur zum Schutz vor Austrocknung). Die Blattoberseite ist mit vielen kurz gestielten Tentakeln und sitzenden Drüsen versehen, die einen süßen Klebstoff absondern. Diese sind recht zahlreich, so befinden sich z.B. ca. 40.000 Tentakel und Drüsen pro Blatt bei P. vulgaris. Nur die Tentakeln bilden den Fangschlein. Dieser besteht aus zähflüssigen Zuckern und glitzert in der Sonne. Dies lockt dann die Beute – kleinere Insekten (weiße Fliegen, Trauermücken, kleinen Fruchtfliegen) – an. Pinguicula bildet Verdauungsenzyme (als eine der wenigen Karnivoren auch das Enzym Amylase. Nachgewiesene Enzyme sind Amylase, Esterase, Phosphatase, Protease und Ribonuclease. Dabei werden bei Pinguicula schon in der ersten Stunde nach dem Beutefang die Verdauungsenzyme gebildet. Diese Enzyme verdauen dann die gefangene Beute und zerlegen diese in wichtige Nährstoffe (z.B. Stickstoff und Phosphat). Die Tentakeln auf der Blattoberfläche dienen hauptsächlich zum Absondern der klebrigen „Fangflüssigkeit“ (nur Teilweise an der Verdauung beteiligt), während die Drüsen nur der Verdauung dienen. Die Verdauungsdrüsen produzieren ihre Säfte erst, wenn eine Beute gefangen wurde. Bei vielen Pflanzen wird die Beute nur etwas in eine kleine Mulde eingesenkt oder gar keine Bewegung ist sichtbar. Einige Arten können auch das Fangblatt aktiv bewegen (z.B. P. vulgaris). So rollt sich z.T. das Blatt ein, wenn ein Insekt am Rand gefangen wurde. Einige Arten nehmen neben Insekten auch Pollen gerne als Nahrung auf. So haben Harder und Zemlin im Jahre 1968 nachgewiesen dass bei P. vulgaris über 50% der aufgenommenen Proteine aus Pollen stammen.

Bei Blüten von Pinguicula handelt es sich um Einzelblüten, die den Achseln eines unterdrückten Hochblattes entspringen. Sie sind mit ihren 5 Blütenblättern recht attraktiv (wobei mexikanische Arten zudem noch sehr blühfreudig sind) und ähneln denen von Veilchen, so dass diese Pflanzen im Blühzustand auch sehr dekorativ sind. Die Blütengröße variiert von 5 mm bis über 60 mm bei den unterschiedlichen Arten. Wobei die Blütengröße innerhalb der gleichen Art recht konstant in der Größe ist. Die Blüten sind zwittrig. Primär ist Pinguicula ein Insektenbestäuber. Die Pflanzen bilden nach erfolgreicher Bestäubung eine eiförmige bis kugelförmige Kapselfrucht aus, die dann austrocknet und aufspringt. Pinguicula bildet sehr viele und kleine (ca. 0,5 – 1,0 mm) Samen in länglicher Form, die mit dem Wind verbreitet werden. Die Samen der meisten Arten tragen an ihrer Oberfläche ein Netzmuster, um so auf Wasseroberflächen ohne Versinken treiben zu können (ausgenommen epiphythische Arten, deren Samenoberfläche glatt ist). Die Chromosomenzahl der Fettkräuter kennt zwei Basen, entweder x=8 oder x=11, eine Ausnahme dieser Regel ist P. lusitanica, deren Grundzahl x=6 ist. Deren Keimung ist Licht- und Temperaturabhängig. Der Sämling besitzt für kurze Zeit eine terminale Hauptwurzel, die dann schnell durch zahlreiche, faserförmige, sproßbürtige Wurzeln ersetzt wird. Viele Arten können sich auch vegetativ vermehren: Hauptsächlich ist die Vermehrung durch die Bildung von Brutzwiebeln verbreitet. Einige wenige Arten wie z.B. P. calyptrata, P. vallisnerifolia können Ausläufer oder Kindeln an ihren Blattspitzen (z.B. P. heterophylla, P. primuliflora) bilden.

Das Wurzelsystem ist für die Mineralstoffaufnahme ungenügend ausgebildet, seine Primärfunktion liegt an der Wasseraufnahme und am Halten der Pflanze auf dem Untergrund. Auch die Länge der Wurzeln ist meist bescheiden und liegt bei 1-3 cm. Bei vielen temperierten, heterophyllen Arten (z.B. P. vulgaris) stirbt das Wurzelsystem im Frühjahr ab, die Winterknospe liegt dann nur locker auf dem Substrat. Erst bei geeignetem Wetter wird das Wurzelsystem neu gebildet und die Pflanze bildet dann auch wieder ihre karnivoren Fangblätter. Bei einigen epiphytischen Arten – wie z.B. P. lignicola – sind die Wurzeln zusätzlich mit Haftscheiben ausgerüstet.

Kultur:
Die Kultur dieser Gattung ist je nach Herkunft der Art recht unterschiedlich, aber die meisten hier erhältlichen Arten lassen sich in einem lockeren, torfigen Substrat kultivieren. Über die richtige Bodenmischung für die "Mexikaner" wird viel diskutiert, oft wird ein relativ neutrales Gemisch aus Torf, Sand und Lehm benutzt. Bei einigen Arten wird hier das Substrat auf pH7 aufgekalkt. Der Boden sollte immer nur mäßig feucht sein, da die Wurzeln dieser Pflanzen zur Fäulnis neigen. Die mexikanischen Pinguicula bilden eine sukkulente Winterrosette, teilweise sogar zwiebelähnliche Gebilde. Sie sollten in diesem Stadium möglichst trocken gehalten werden. Die europäischen Arten sind meist winterhart und produzieren im Herbst sogenannte Winterknospen, mit denen sie den Winter überleben. Diese Arten sollte man möglichst nur im Freiland kultivieren. Die nordamerikanischen Arten scheinen eine große Menge an frischer Luft zu brauchen und sind im Terrarium nur schwer am Leben zu halten. Die Pinguicula sind allgemein nicht ganz so empfindlich gegenüber Kalk wie die Drosera, es gibt sogar Arten, die ein kalkiges Substrat lieben. Dennoch sollte man auch hier generell kalkarmes (=salzarmes) Gießwasser verwenden. Als Stellplatz eignet sich ein vollsonniges bis leicht schattiertes Fenster, wobei einige Arten lieber leicht Schattiert bevorzugen und die pralle Mittagssonne gar nicht mögen. Natürlich gibt es auch Arten die die volle Sonne genießen (z.B. P. filifolia). Die Luftfeuchtigkeit sollte (bei den meisten Arten) um ca. 50% liegen.
Arten aus gleicher Heimat lassen sich, da Pinguicula nicht zu groß wird, sehr schön auch in Terrarien anpflanzen.
Neben der Vermehrung durch Samen ist die Vermehrung über Blattstecklinge möglich: Das Blatt (vorsichtig) von der Pflanze abtrennen und vollflächig auf das Substrat legen. Es sollten hierbei die nichtkarnivoren "Winterblätter" der Pflanzen verwendet werden. Nach ein paar Wochen bilden sich an der Bruchstelle die neuen Pflänzchen.

Krankheiten / Schädlinge:
Schädlinge sind selten. Wenn dann sind es meist Trauermücken und Läuse. Beide lassen sich mit üblichen Mitteln bekämpfen.
Im Winter besteht noch die Schimmelgefahr. Hier hilft meist ein rechtzeitiges Umziehen an einen helleren, luftigeren Standort (und weniger gießen). Erst danach sollte man zu einem Fungizid greifen.
Übrigens: Eine Wurzelstörung (z.B. durch Umtopfen) während der Wachstumsphase mögen die Pflanzen gar nicht.

Quellen:
S. Jost Casper, Monographie der Gattung Pinguicula L., 1966
www.gluch.info
Barthlott/Porembski/Seine/Theisen: Karnivoren -Biologie und Kultur, Ulmer Verlag, 2004


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